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Hobby: Krankfeiern

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Der Aufschrei war bei einigen schon ziemlich groß als gestern entschieden wurde, dass ein Arbeitgeber schon ab dem ersten Tag einen Attest verlangen darf. Vollkommen zurecht! Leider ist das nicht die Lösung des großen Problems.

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Laut einer Studie der BKK waren im Jahr 2011 Pflichtversicherte durchschnittlich 16,3 Tage krank. Da ich dem Typus Mensch angehöre, die selten krank sind, finde ich die Zahl etwas übertrieben. Klar gibt es immer mal Unfälle, schwere Erkrankungen und ansteckende Krankheiten, die einen Arbeitnehmer etwas länger von der Arbeit fernhalten, aber durchschnittlich 16,3 Tage?  Bei 41,54 Mio. Erwerbstätigen sind das mehr als 677 Mio. Tage, die alle Erwerbstätigen in Deutschland krank sind.

Ich will niemanden etwas unterstellen, aber ich kenne sehr viele Arbeitnehmer, die sich auf diese Art und Weise Urlaub verschaffen. Die 16,3 Tage kommen mir auch recht niedrig vor. Meine Kollegen und ich zählen nicht zu den Pflichtversicherten, ansonsten wäre die Zahl vielleicht noch viel höher. Einige sind krank, weil sie einfach kein Bock haben, den Vorgesetzten nicht leiden können, keine Lust auf körperliche Arbeiten oder ganz besondere Dienste haben, verschlafen haben, sich verspäten oder einfach lieber daheim bleiben und auf der PS3 oder am PC zocken wollen. Das ist für mich Arbeitsverweigerung auf ganz hohem Niveau.

Vor einigen Jahren hatte ich sogar einen Vorgesetzten, der über Monate eine ganz tolle Masche abgezogen hat nur um nebenbei einen Abschluss zu ergattern. Mehrere Wochen war der Kerl krank, kam dann wieder eine Woche zur Arbeit, um weiterhin den vollen Lohn einzusacken und war dann wieder mehrere Wochen mit einer anderen Krankheit am kämpfen. Woher ich das weiß? Er hat es mir selber erzählt. Krankheitsbilder liefern Webseiten wie www.krank-feiern.org.

In den letzten zwei Jahren war ich an einem Tag einige Stunden nicht im Dienst, weil ich zum Röntgen geschickt wurde und den restlichen Tag krankgeschrieben war. Danach war ich wegen Knieproblemen öfters mal beim Arzt, aber an vier Tagen für je eine Stunde nicht zu gebrauchen. Laut meiner Rechnung kann man einen Tag in den zwei Jahren zählen. 2007 bis 2010 war ich vier Tage krank. In zwei Jobs, die teilweise relativ stressig und Krankheiten wie ein Magnet anziehen, war ich in fünf Jahren insgesamt fünf Tage krank.

Warum fehlen viele Arbeitnehmer, obwohl das alles größtenteils vermeidbar ist?

Der Grund ist einfach: Krankfeiern schmerzt nicht!

Innerhalb 12 Monate kann man sechs Wochen mit einer Krankheit krank sein bevor das Krankengeld einsetzt. Für kleinere Krankheiten müsste dieser Zeitraum deutlich kürzer sein. Schnupfen, Erkältung? Der Winter dauert nicht so lange, dass man innerhalb von 12 Monaten sechs Wochen wegen Erkältung fehlt. Da muss der Arbeitnehmer auch ein bisschen mehr Verantwortung übernehmen und im Winter vielleicht weniger oft nackt durch die Stadt laufen.

Einige Bekannte arbeiten in den Vereinigten Staaten von Amerika und haben da strengere Regeln. Eine Freundin hat neben den 14 Tagen Jahresurlaub ganze vier “Sick Days”. An diesen Tagen darf sie krank sein und bekommt den Lohn auch bezahlt. Falls sie über diese Tage hinaus krank ist erhält sie keinen Lohn. Das hängt aber auch vom Arbeitgeber ab. Laut der OECD ist der durchschnittliche Beschäftigte in den USA 9 Tage im Jahr krank.

In Schweden herrschen dagegen himmlische Zustände. Für den ersten Tag muss man keinen Attest vorlegen, dafür ist der Tag aber auch nicht bezahlt. Dort liegt der Durchschnitt bei 25 (!) Fehltagen durch Krankheit.

Das tragische an der Geschichte ist aber, dass sich genau die Leute, die oft krank sind, als Vertreter der deutschen Tugend sehen: Fleiß, Zuverlässigkeit und Verantwortungsgefühl…



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